Die Frage nach dem Respekt und der Ignoranz

 

 

Unser Sprachlehrer schlägt sich verzweifelt mit der flachen Hand gegen die Stirn. Er fragte nach aktuellen Geschehnissen in der Welt, woraufhin eine Diskussion um die Mohammed Karikatur startete. Jeder bildet sich eine Meinung durch Zeitungen und Fernsehen, oder jedem wird eine Meinung aufgedrückt. Wir Westlichen pochen auf die Meinungsfreiheit. In unserer Sprachkurs-Diskussion eröffnen sich mir neue Ansichten. Niemand hatte mir vorher mitgeteilt, dass dies nicht die ersten Karikaturen von Mohammed waren, die in westlichen Zeitungen veröffentlicht wurden.

 

Ahmed, Muslime, teilt uns seine Gefühle und Gedanken mit, wenn er die Zeichnungen sieht. „Niemand hat damals etwas über die Zeichnungen gesagt. Aber dieses Mal ging es einfach zu weit. Wieso wird unsere Religion so verspottet?“. Und eine Frage in mir wächst: Warum tut man so etwas? In unserer westlichen Welt bekommen wir schon im Kindergarten, spätestens aber in der Grundschule, erzählt, wie wichtig es ist, Respekt zu zeigen. Europa steht für Globalisierung und will eine gemeinsame Welt. Wo ist der Respekt geblieben? Der Respekt vor anderen Menschen, vor anderen Kulturen und vor allem von anderen Religionen?

 

Wir sind gut darin den Medien nachzuplappern. Aber wie viele machen sich die Mühe, einen Moslem nach seinen Gefühlen zu fragen? Verspottet, ignoriert – einfach nur verarscht, muss er sich vorkommen.

 

In dieser Woche habe ich einen Leserbrief in einer deutschen Zeitung gefunden: Die Schreiberin habe noch nie eine größere Ignoranz gesehen als Muslime, die deutsche und dänische Flaggen verbrennen. Ich frage mich, wo die Ignoranz anfängt?

 

Ich möchte nicht gutheißen, was in der östlichen Welt derzeit passiert. Anschläge, Importverweigerungen und sogar Mord wegen Zeichnungen – das Ausmaß ist zu hoch. Und genau diese Ausmaße machen mir Angst. Angst vor einem Krieg. Vor etwas mehr als vier Jahren hatte ich die gleiche Angst vor einem Weltkrieg, bei den Anschlägen auf das World Trade Center. Damals waren vor allem zwei Nationen beteiligt, Amerika und Afghanistan. Jetzt ist es die halbe Welt. Ich habe Angst, dass ich das durchmachen muss, was meine Großeltern und Urgroßeltern Jahre ihres Lebens gekostet haben. Jahrelang hat man mir in der Schule gelehrt, genau das zu verhindern.

 

Und immer wieder frage ich mich selbst: Hätte all das verhindert werden können, wenn nach den ersten Reaktionen auf die Zeichnungen eine Entschuldigung von den betreffenden Medien gekommen wäre?

 

Ahmed erklärt uns, dass die wenigsten Muslime für die Rachezüge sind. Wie wahrscheinlich auch wenige Europäer hinter den Zeichnungen stehen...

 

Miriam-Sarah K. (20 Jahre)

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