Was Anfang der Neunzigerjahre aus der Punk- und Sadomaso-Szene
auftauchte, wurde die Plage des Jahrzehnts: Piercing. Das Durchlöchern
der Haut schien vielen Jugendlichen die einzig verbliebene Möglichkeit,
ihre Eltern am Frühstückstisch zu ärgern und in der Schule als
avantgardistisch zu gelten.
Beruhigenderweise hat sich die Welle der wahllosen Piercerei in
Schaum aufgelöst. Zurück bleibt eine weich gespülte Jugend, deren
Trendsetter sich wieder «ohne» zeigen. Zwar haben wir nun eine
perforierte Generation. Aber man sieht im Gegensatz zu den Tattoos - die
sind ein weiterer Libertinageversuch - die winzigen Löcher wenigstens
nicht. Bloss ein Überbleibsel der Unart ist geblieben und verunziert
immer noch wesentlich mehr Leute, als für das durchschnittliche ästhetische
Empfinden tragbar ist, und das sind die Piercings in den Nasenflügeln.
Künstliche Brillis und Silberringe wurden zum ärgerlichen Pièce de résistence
einer einst boomenden und mittlerweile nur noch lächerlich
erscheinenden Körperdurchlöcherei. Wie mutierte Mini-Munis schlurfen
Trägerinnen und Träger von Nasenflügelringen - bei den ganz dreisten
sind es Nasenscheidewandringe - die einschlägigen Flaniermeilen ab, die
Nasen keineswegs im Wind des Trends, sondern viel eher von etwas
entstellt, was man von weitem für einen übersehenen Popel halten könnte.
Weshalb hier ein für alle Mal und unmissverständlich darauf
hingewiesen sein soll: Es sieht doof aus, ist unhygienisch und überhaupt
nicht attraktiv. Deshalb raus damit. Auf ein Revival kann man garantiert
lange warten. Zum Glück.
Autor: HG Hildebrand
Piercing, das Durchstechen von Ohrläppchen oder anderen Körperstellen,
ist eine ausgesprochene Modeerscheinung geworden, und Piercing-Studios
schießen heute fast wie Pilze aus dem Boden. Piercing ist jedoch nicht
harmlos. Wird es nicht fachmännisch durchgeführt, kann daraus eine
lebenslange Nickelallergie entstehen. Verursacht wird diese
Nickelallergie durch die so genannten Epithelisierungsstäbe; diese Stäbe
werden nach dem Piercing in der Wunde belassen, bis sie verheilt ist.
Eine in den letzten Wochen durchgeführte Marktkontrolle des
Kantonalen Laboratoriums Basel-Landschaft hat ergeben, dass sehr viele
Epithelisierungsstäbe zuviel Nickel enthalten und damit eine
Nickelallergie auslösen können. Selbst Chirugenstahl enthält so viel
Nickel, dass er beim Piercing eine Allergie hervorrufen kann.
Unbedenklich ist hingegen die Verwendung des nickelhaltigen
Chirugenstahls in der Orthopädie.
Die vom Kantonalen Laboratorium untersuchten Stäbe, die zuviel
Nickel enthielten, wurden vom Markt genommen. Es ist jedoch anzunehmen,
dass weitere nickelhaltige Stäbe auf dem Markt sind. Das Kantonale
Laboratorium empfiehlt deshalb, auf Piercing zu verzichten oder sich
zumindest zu vergewissern, dass die verwendeten Epithelisierungsstäbe
garantiert nickelfrei sind. Im Zweifelsfall sollten die
Epithelisierungsstäbe untersucht werden.
Nickel ist das häufigste Kontaktallergen in den Industrieländern.
In der Schweiz sind schätzungsweise 18 Prozent der Frauen und 4 Prozent
der Männer auf Nickel allergisch. Allergische Personen entwickeln an
der Kontaktstelle zu einem nickelhaltigen Gegenstand zuerst ein akutes
Ekzem mit Juckreiz, Rötung, Knötchen und Bläschen. Wenn zusätzlich
die Haut dicker wird und sich mit Schuppen und Rissen überzieht, liegt
ein chronisches Ekzem vor. Die Schwellenkonzentration nimmt dabei immer
mehr ab. Bei hoher Empfindlichkeit treten auch an entfernten Hautstellen
wie in Armbeugen und im Gesicht Ekzeme auf, in schweren Fällen kann die
ganze Hautfläche betroffen sein. Eine Nickelallergie ist nicht
angeboren. Wird sie jedoch einmal erworben, bleibt sie lebenslang
bestehen.
Neben nickelhaltigen Epithelisierungsstäben können auch Schmuck,
Metallknöpfe, Reißverschlüsse etc. Nickelallergien auslösen. Nickel
befindet sich im übrigen nicht nur in billigem Modeschmuck; auch
Weißgold und Silber können bis zu 15 Prozent Nickel enthalten.
Liestal, 2. Dezember 1998
Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion, Informationsdienst